Out of Facebook – ein Denkanstoß

Ich lade die Leserin/ den Leser ein, mich auf eine Reise zu begleiten. Es geht um ein weltumpannendes Netzwerk mit blau-weißem Logo, das die Menschen so sehr in den Bann gezogen hat, dass es nicht leicht ist, sich davon wieder zu lösen. Doch, sich zu lösen, sollte zumindest eine Option sein. Es ist eine freiwillige Reise, keine Flucht. Es ist ein Diskurs-Abenteuer, kein Kampf gegen das Böse. Die Reise führt weg von klassischem Konsens über das erfolgreiche soziale Netzwerk. Sie verläuft auf einem unkonventionellen, selbstkritischen Pfad zum Ziel einer gesunden Einstellung zu dem Netzwerk und im Idealfall zu sich selbst.

Die Nutzung von sozialen Medien ist zum Alltag geworden – das wird wohl auch so bleiben. Doch Facebook hat ein ganz besonderes Potenzial in unseren Alltag integriert zu werden, weil das Netzwerk so viele Dinge vereinfacht und so unterhaltsam ist.

In dem Vortrag von Felix Stalder auf der re:publica 2017[1] wurde der Facebook-Algorithmus kritisch erwähnt. 

Es gibt zunächst verschiedene Algorithmen:

-        die, mit denen Maschinen Maschinen steuern (z.B. Energienetze)

-        die, wo Maschinen mit Menschen interagieren (z.B. Suchmaschinen)

-        die, wo Maschinen die Welt erschaffen (z.B. Facebook)

Die erste Form, so Stalder, benötigt Grenzwerte, aber der Anwender muss nicht genau hinter die Kulissen schauen können, weil der Output relativ klar erkennbar ist. Bei Suchmaschinen ist es schon eher von Interesse zu wissen, wie die Ergebnisse entstanden sind. Und bei der letzten Form, für die Facebook als Beispiel angeführt wurde, sei es ganz besonders wichtig die Annahmen zu kennen. Zusätzlich fordert Stalder lokale, dezentrale Systeme und Code und Daten müssten offen sein und Entscheidungen sowie Abläufe müssten nachvollziehbar werden. Es sei nicht notwendig, in alle Algorithmen Einblick zu bekommen, aber es sollten Grenzen vorgegeben werden können, in denen sich die Interaktion bewegt. 

Dass es sich bei Facebook nicht um eine staatliche Institution oder eine Wohltätigkeitsorganisation handelt, ist allgemein bekannt und völlig legitim. Trotzdem handeln viele Nutzer erschreckenderweise so als wäre das anders. Die wirtschaftlichen Interessen des Netzwerks sind zwar nicht verwerflich – aus anderer Perspektive sind sie sogar höchst bewundernswert, das will ich gar nicht abstreiten. Aber Nutzer sollten sich darüber im Klaren sein, was das für sie persönlich bedeutet, nämlich: dass sie mit dem im Grunde wertvollsten Gut, das sie besitzen, nichts weniger als die eigene Person, ein Unternehmen unterstützen, das sie als Produkt betrachtet und mit intimsten Daten verarbeitet, ohne dass es eine angemessene Entschädigung dafür gibt.[2]

Es ist keine triviale Befürchtung, das Gefühl zu haben, wichtige Events, Informationen und Interaktionen zu verpassen. Heißt „Out of Facebook“ = „Out of Life“? Es ist tatsächlich eine entscheidende Frage, die sich jeder selbst stellen sollte, bevor er zum nächsten Schritt des Löschens von Facebook-Apps übergeht. Facebook ist doch wirklich bei den Meisten kaum aus dem Alltag wegzudenken. 

Doch es geht hier um mehr, als Genervt-Sein von ein wenig personalisierter Werbung. Es geht darum, sozial-digital souverän zu sein und seine Lebensgeschichte nicht einem Unternehmen mit zweifelhaften Absichten zu überlassen. Unternehmerisch macht Facebook alles richtig – aber die Passung ist aus Nutzersicht nicht gegeben: Mein Persönlichstes von mir Preis zu geben, damit ein Konzern das große Geld damit machen kann, ist nicht im Ansatz mit Idealen wie Selbstbestimmung vereinbar. Niemand, der sich das einmal ernsthaft bewusst macht, kann das mit seinem gesunden Menschenverstand und seiner menschlichen Würde vereinbaren. Es geht darum, ein Zeichen zu setzen und wenn das auch nicht zu Berühmtheit führt, zumindest die eigene Integrität ein Stück weit mehr bewahrt zu haben. Ich bin, wie bereits gesagt, davon überzeugt, dass es sich lohnt! Let's go and be 'out of Facebook'!

 



[1] https://www.youtube.com/watch?v=e2tr0x1K3Lk

[2] Weiterführende Lektüre hierzu ist z.B. Jaron Laniers ‚Wem gehört die Zukunft‘